Mittwoch, 14. Dezember 2011

Verfassungsschutz unterschätzte Nazis Exekutionen waren unvorstellbar

Verfassungsschutz-Präsident Fromm räumt in einer Rede ein, dass seine Behörde die Täter der Zwickauer Terror-Zelle bis zu ihrer Festnahme nicht "wirklich verstanden" habe. Die Dimension ihres Hasses sei total unterschätzt worden. Die frühen Videos der Gruppe erschrecken durch ihre Aggressivität.

 
Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Heinz Fromm, hat angesichts der Mordserie der Thüringer Neonazi-Zelle Versäumnisse seiner Behörde eingeräumt. Die Verfassungsschützer hätten "die jetzt bekannt gewordenen Täter nicht wirklich verstanden", zitierte die Welt" aus dem Manuskript einer Rede, die Fromm Ende November bei einem nicht-öffentlichen Jugendkongress des Zentralrates der Juden in Weimar gehalten habe. Darin heiße es über die Täter: "Wir haben die Dimension ihres Hasses ebenso unterschätzt wie ihren Willen zur Tat."
Ein Veranstaltungsplakat in Hessen.
Ein Veranstaltungsplakat in Hessen.
(Foto: dpa)
Unvorstellbar sei für ihn gewesen, dass Rechtsterroristen gezielt Menschen erschießen würden, wird Fromm zitiert. "Die Ermordung von Menschen aus dem einzigen Grund, weil sie als 'fremdländisch' empfunden werden, passt in die Gedankenwelt der rassistischen Täter", zitierte das Blatt weiter aus dem Redemanuskript. Der Verfassungsschutz habe sich dies "als Bombenanschlag oder als Brandstiftung" vorstellen können, "aber nicht als eine kaltblütige Exekution".

Aggressiver Ton in Alt-Videos

In den beiden neu entdeckten Terrorvideos der rechtsextremen Zwickauer Neonazi-Zelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) sehen die Ermittler nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung ein "klares Bekenntnis zu rechtsterroristischen Anschlägen". Wie das Blatt unter Berufung auf Ermittlerkreise berichtete, werden in den Filmen die Bilder und Namen der ersten Mordopfer des Trios gezeigt. Die Videos seien viel "aggressiver in Ton und Aufmachung" als das "Paulchen-Panther"-Terrorvideo aus dem Jahr 2007, auf dem sich die Gruppe unter anderem zu der bundesweiten Serie von Morden an Migranten in den Jahren 2000 bis 2006 bekannte.
In einem der auf einer Festplatte gefundenen Filme fällt dem Bericht zufolge zur Musik der inzwischen aufgelösten Neonazi-Hardrock-Band "Noie Welt" und Bildern des ersten Mordopfers der Satz: "Jetzt weiß Enver Simsek, wie ernst uns der Erhalt der deutschen Nation ist." Der türkische Blumenhändler war das erste NSU-Opfer und wurde am 9. September 2000 in Nürnberg erschossen. Das erste Video ist laut "Bild" zwei Minuten lang und stammt aus dem Jahr 2001. Das zweite Video ist fünf Minuten lang und stammt aus dem Jahr 2002.
Dem 1998 untergetauchten und zuletzt in Zwickau lebenden Trio Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt werden insgesamt zehn Morde, zwei Sprengstoffanschläge in Köln und eine Serie von Banküberfällen zur Last gelegt. Mundlos und Böhnhardt nahmen sich nach derzeitigem Ermittlungsstand Anfang November das Leben, Zschäpe stellte sich der Polizei. Neben der 36-Jährigen sitzen mittlerweile auch vier mutmaßliche Unterstützer der Zelle in U-Haft.


 

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